Genie


Er stirbt wie ein verlassener Feldherr...


Die Geschichte ist das Verzeichnis der Zufrühgekommenen. Da wacht immer wieder einer in der Menge auf, der in ihr keine Ursache hat und dessen Erscheinen sich in breiteeren Gesetzen begründet. Er bringt fremde Gebäuche mit und fordert Raum für unbescheidene Gebärden. So wächst eine Gewaltsamkeit aus ihm un ein Wille, der über Furcht und Ehrfurcht wie über Steine schreitet. Rücksichtslos redet Zukünftiges durch ihn; und seine Zeit weiß nicht, wie sie ihn werten soll, und in diesem Zögern versäumt sie ihn. Er geht an ihrer Unentschlossenheit zugrunde. Er stirbt wie ein verlassener Feldherr oder wie ein voreiliger Frühlingstag, dessen Drängen die träge Erde nicht begreift. Aber Jahrhunderte später, wenn man seine Standbilder schon nicht mehr bekränzt und sein Grab vergessen ist und irgendwo grünt, - dann wacht er wieder auf und geht näher und als Zeitgenosse durch den Geist der Enkel.

Aus: Über Kunst (1899)