Briefe |
An Franziska von Reventlow
Meine liebe Gräfin, Ihr gütiger Brief und das schöne, glückliche Bild lassen mich nicht zögern. Mit wendender Post sollen Sie den Dank dafür erhalten. Sie Liebe, so ist das Glück, welches Sie längst verdient haben und in dessen Adventzeit die Sorge Sie viel gequält hat, als strahlende Sonne in den Augen des kleinen Rolf aufgegangen und liegt nun in stiller und heiliger Verklärung über Ihren neuen tiefen Tagen. Wenn wir nicht zwölf Bahnstunden voneinander wären, würde ich Sie nun in Ihrem Heim (wie verdient es nun diesen Namen!) aufsuchen, wissen Sie, recht treuer Freude voll und Ihnen beide Hände reichend, liebe junge Frau, und Ihnen mit meinem Schweigen d a s ganz sagen, was ich nun nur mühsam und unvollkommen in den Worten gebe. Diese innige Freude, diese Madonnenmutterverehrung und diese ganze Schar reicher Wünsche für morgen und übermorgen und für alle Zeit des heiligen Reifens. - Sehen Sie: einstweilen habe ich ein Gedichtbuch zusammengezimmert, und Sie haben, starke Freundin, aus Ihrem jungen Leben ein Gedicht gemacht. Und zwar: kein sehnsuchtweinendes Lied, eine helle Hymne mit vollen glänzenden Klängen scheint mir, was aus Ihrer schönen Einsamkeit in meine Stunden herüberklingt. Das Jahr 98 fängt selig an für Sie, und ich habe diesen treuen Wunsch: seine Tage möchten Ihre holde Einsamkeit achten und auf den Zehen, reiche Geschenke an die Schwelle legend, an Ihrem Hause vorübergehen. Jedenfalls komme ich später, im Frühjahrsbeginn nach München. Vorher erzähl ich nochmal gelegentlich von mir. Nur noch, was ich immer tat: bitte, muten Sie Ihren Kräften nicht zu viel zu; denken Sie, Sie müssen gesund bleiben, es gibt ein lieber Wofür! Ich bitte, bedenken Sie das. Und der kleine Rolf ist ein reizender, nachdenklicher kleiner Held, der mir sehr gefällt. Und was er Ihnen im Blühen vormacht, tun Sie's munter mit, liebe Mutter! Also, Gräfin, lassen Sie sich diese Hymne gefallen, und lassen Sie Ihre gütige Erinnerung über mir. Ich möchte jetzt sehr greise sein oder sehr weise oder sonstwie was wert, damit ich die Hände ausbreiten und sagen dürfte: Ich segne Sie. So aber reich ich sie Ihnen über alle Weiten - beide: Glück auf!
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