Hi gliwi!
Erst mal vielen Dank für die schnelle Antwort. Also die Erklärung der vierten Strophe gefällt mir. Ich glaube, man könnte es so sehen. Vielleicht bedeutet die Textstelle "und sie brauchte lang als wäre etwas noch nicht überstiegen", dass sie sich mit der neuen "Sichtweise" noch abfinden muss. Das Übersteigen könnte darauf hindeuten. Die Veränderung annehmen und schließlich akzeptieren. Und viellleicht gleichzeitig genau dieser Prozess: der Wandel vom unsicheren Gehen zum sich-damit-Abfinden und wieder Sicherheit beim Gehen gewinnen. Aber eben anders als bisher. Sie bewegt sich anders, vielleicht mit der zunehmenden Sicherheit auch leichtfüßiger, gleichzeitig aufgrund der Blindheit vorsichtiger. Daher auch der Vergleich des Fliegens. Sich abheben vom Bisherigen, aber auch gleichzeitig eine vorsichtigere Art des Gehens - weil sie ja nichts mehr sieht.
Meinst Du so könnte es sein?
Könnte das Fliegen aber auch noch etwas ganz anderes darstellen? Blinde haben ihre anderen Sinne wie Tastgefühl und Gehör wesentlich besser ausgebildet als sehende Menschen. Eigentlich haben sie uns damit in diesen Bereichen etwas voraus. Nur auf Gehör und Tastgefühl bezogen heben sie sich von uns ab, denn bei uns sind diese Sinne nicht so gut ausgebildet. Oder ist diese Vermutung jetzt zu abgehoben und fliegt daher von der richtigen Bedeutung davon?
Noch eine Frage zu Strophe 3, Vers 11:
Soll "auf ihren hellen Augen, die sich freuten" bedeuten, dass sie sich bisher gefreut haben und jetzt nach innen gekehrt sind? Dass sie sich nicht mehr freuen sondern die Erblindende mit ihren Gedanken woanders ist, nämlich bei der Verwandlung, die sie durchmacht? Das würde den nächsten Vers erklären "war Licht von außen wie auf einem Teich". Das Licht prallt auf die Augen, aber es dringt nicht ein sondern breitet sich auf der Oberfläche aus wie auf Wasser, denn sie kann mit den Augen ja nichts mehr sehen. Sie sind wie ein großer Teich, wo man nicht auf den Grund schauen kann.
Andersherum könnte es auch heißén, dass sie sich freut, mit der Veränderung umgehen zu lernen. Dass die Veränderung nicht dazu führt, dass sie bedrückt ist. Sie passt sich bereits an die Situation an und merkt, dass es ihr leicht fällt. Wobei ich bei dieser Vorstellung etwas mehr Probleme habe.
Mit den Enjambements hast Du mir sehr geholfen. Ich hab einfach vor lauter Gedichten nix mehr gesehen glaube ich.
Viele Grüße