Lieber, lieber Erik; vielleicht bist du doch mein einziger
Freund gewesen. Denn ich habe nie einen gehabt. Es ist schade,
daß du auf Freundschaft nichts gabst. Ich hätte dir manches
erzählen mögen. Vielleicht hätten wir uns
vertragen. Man kann nicht wissen. Ich erinnere mich, daß damals
dein Bild gemalt wurde. Der Großvater hatte jemanden kommen
lassen, der dich malte. Jeden Morgen eine Stunde. Ich kann mich nicht
besinnen, wie der Maler aussah, sein Name ist mir entfallen, obwohl
Mathilde Brahe ihn jeden Augenblick wiederholte.
Ob er dich gesehen hat, wie ich dich seh? Du trugst einen Anzug von
heliotropfarbenem Samt. Mathilde Brahe schwärmte für diesen
Anzug. Aber das ist nun gleichgültig. Nur ob er dich gesehen hat,
möchte ich wissen. Nehmen wir an, daß es ein wirklicher
Maler war.Nehmen wir an, daß er nicht daran dachte, daß du
sterben könntest, ehe er fertig würde; daß er die
Sache gar nicht sentimental ansah; daß er einfach
arbeitete. Daß die Ungleichheit deiner beiden braunen Augen ihn
entzückte; daß er keinen Moment sich schämte für
das unbewegliche; daß er den Takt hatte, nichts hinzuzulegen auf
den Tisch zu deiner Hand, die sich vielleicht ein wenig stützte
-. Nehmen wir sonst noch alles Nötige an und lassen es gelten: so
ist ein Bild da, dein Bild, in der Galerie auf Urnekloster das
letzte.
(Und wenn man geht, und man hat sie alle gesehen, so ist da noch ein
Knabe. Einen Augenblick: wer ist das? Ein Brahe. Siehst du den
silbernen Pfahl im schwarzen Feld und die Pfauenfedern? Da steht auch
der Name: Erik Brahe. War das nicht ein Erik Brahe, der hingerichtet
worden ist? Natürlich, das ist bekannt genug. Aber um den kann es
sich nicht handeln. Dieser Knabe ist als Knabe gestorben, gleichviel
wann. Kannst du das nicht sehen?)
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