Ach in der Kindheit, Gott: wie warst du leicht:
du, den ich jetzt von nirgend wiederbringe.
Man lächelte nach seinem Lieblingsdinge;
es rollte zu: da warst du schon erreicht.
Und nun mein Herr, wo reis' ich hin zu dir?
Wo fahr ich ein? Auf wasfür Berge steig ich?
Fragt einer dich: nach welcher Stelle zeig ich.
Wo weht dein Hain? Wo geht dein Tier?
Wo ist das Wasser neu, daß ich mir wasche
Gesicht, Geschlecht: ich war noch niemals rein.
Wo wandelst du Geweihtes um in Asche
mit deinem feuerigen Augenschein.
Reizt der Geruch von allen unsern Lastern
nicht deines Zornes Brunst. Was wartest du?
Was machst du nicht die Dringendsten zu Fastern
und schleuderst ihnen erst den Engel zu
wenn sie sich winden unter ihrem Blut?
Herr, sei nicht gut: sei herrlich; widerleg
das Hörensagen, das sie an dir rühmen:
zerbrich das Haus zerstör den Steg
und wälz ein Nest von Ungetümen
dem Flüchtling an den Nebenweg.
Denn so sind wir verkauft an kleine Nöte,
daß alle meinen Jahr um Jahr
wenn einer ihnen beide Hände böte
so wär ein Gott. Du Notnacht voller Röte,
du Feuerschein, du Krieg, du Hunger: töte:
denn du bist unsere Gefahr.
Erst wenn wir wieder unsern Untergang
in dich verlegen, nicht nur die Bewahrung,
wird alles dein sein: Einsamkeit und Paarung,
die Niederlage und der Überschwang.
Damit entstehe, was du endlich stillst,
mußt du uns überfallen und zerfetzen;
denn nichts vermag so völlig zu verletzen
wie du uns brauchst, wenn du uns retten willst.
Aus: Die Gedichte 1906 bis 1910 (Paris, Sommer 1909)