Sonette aus dem Portugiesischen


XIX

The soul's Rialto hath its merchandise;
I barter curl for curl upon that mart,
And from my poet's forehead to my heart
Receive this lock which outweighs argosies,

As purply black, as erst to Pindar's eyes
The dim purpureal tresses gloomed athwart
The nine white Muse-brows. For this counterpart, . . .
The bay-crown's shade, Belovèd, I surmise,

Still lingers on thy curl, it is so black!
Thus, with a fillet of smooth-kissing breath,
I tie the shadows safe from gliding back,

And lay the gift where nothing hindereth;
Here on my heart, as on thy brow, to lack
No natural heat till mine grows cold in death.

Elizabeth Barret-Browning, 1850

XIX

Auch am Rialto meiner Seele kennt
man Tausch und Handel. Und mein Herz wird Speicher
für meines Dichters Locke, die mir reicher
erscheint als Schiffe aus dem Orient.

So purpurn wie sie dunkelt. Pindar sah
so glutverhaltend nächtiges Geflecht
um Musenstirnen. Und mit gleichem Recht,
vermut ich, wich von dieser Locke da

noch nicht der Schatten aus dem Kranz. man sieht:
sie ist so schwarz. Ich will ein Netz gehauchter
schützender Küsse drüber knüpfen und

aufs Herz sie legen, wo ihr nichts geschieht,
und wo sie Wärme hat wie auf erlauchter
Stirne, solang es glüht auf seinem Grund.

Rainer Maria Rilke, 1908