Sonette aus dem Portugiesischen


XX

Belovèd, my Belovèd, when I think
That thou wast in the world a year ago,
What time I sat alone here in the snow
And saw no footprint, heard the silence sink

No moment at thy voice, but, link by link,
Went counting all my chains as if that so
They never could fall off at any blow
Struck by thy possible hand,---why, thus I drink

Of life's great cup of wonder! Wonderful,
Never to feel thee thrill the day or night
With personal act or speech,---nor ever cull

Some prescience of thee with the blossoms white
Thou sawest growing! Atheists are as dull,
Who cannot guess God's presence out of sight.

Elizabeth Barret-Browning, 1850

XX

Geliebter, mein Geliebter, wenn ich denk
vor einem Jahr -: Da saß ich noch wie eh,
und deine Fußspur war noch nicht im Schnee,
und rings das Schweigen war noch ungelenk,

von deiner Stimme nicht geschult. Ich ließ
die langen Ketten langsam, Glied nach Glied,
durch meine Finger gehn, nicht wissend dies:
daß du schon möglich warst. Wie mir geschieht,

da ich des Lebens tiefes Staunen trinke.
Und wunderlich, daß Tag und Nacht von dir
nicht schon erzitterten. Was gaben mir

die weißen Blumen, die du sahst, nicht Winke?
So zugeschlossen sind, die Gott verneinen
für seine Gegenwart. Ich wars der deinen.

Rainer Maria Rilke, 1908