Vom
Tode
Worpsweder
Skizzen I-V
I.
Wohin ich geh... ich möchte einen fragen,
warum ich fortging aus dem Haus, darin
die alten Uhren mir die Stunden sagen
mit einer Stimme, der ich dankbar bin.
Es ist zu stille, wo ich heute geh.
Der Pfad erträgt mich stumm wie einen Regen;
der Wind geht eine andere Allee,
in welcher welk die Äste sich bewegen.
Durch schwarzes Moorland wachsen Wassergassen,
an denen bang der Boden schwingt und schwankt,
und wenn ein Arm aus einer Weide langt:
ich bin ein Ding und muß mich fassen lassen..
II.
...Er geht vor mir. Ich kann ihn immer sehn
und bin doch bange, ihn zu überholen.
Von seinen Schritten biegen sich die Bohlen,
und seine Schultern schließen die Alleen.
Er weiß den Weg, als wär das Land sein Eigen;
die Kreuzwegpfähle mit den langen Händen
scheinen sich von den Orten fortzuwenden
und heimlich hinter ihm auf ihn zu zeigen...
III.
In der dunkeln Diele weiß man oft nicht:
Wie viele sind da ?
Hebt da einer sein Angesicht,
den noch keiner sah.
Aber ein andrer senkt das Haupt,
der sonst immer sprach, -
und wird weit in der Welt, geglaubt,
Keiner forscht nach.
IV.
Die Mühle geht. Und ihre Arme schwingen
im hohen Winde, den sie nachts erbat.
Die Schatten ihrer schwarzen Achsen springen
in lichte Wiesen aus dem raschen Rad.
Es ist als rissen sie die Dinge mit
in eine Flucht, der keiner sich erwehrt,
vor einem, der in eine Hütte tritt
von allem Lande abgekehrt...
V.
Ganz in den Abend geht der Wasserlauf.
Das Land liegt flach. Aber an seinem Saum
steht immer wieder irgendetwas auf,
wird einfach, still und reimt sich in den Raum:
ein Haus, ein Baum...
Und ganz am Rande einer, der noch schafft.
Einsam ein Mann inmitten von Morästen;
an seinen Armen, wie an schwarzen Ästen,
hängt seine hin und her bewegte Kraft.
Man kann nicht sagen: gräbt er in die Gründe?
Denn seine Hände sind so fremd geführt,
als ob er wehrlos in dem Winde stünde,
der rings die Dinge nicht berührt...
Worpswede, Herbst 1900