Zehnter Brief
Ich will mein Herz mit beiden Händen halten,
daß es nicht schreie in der dunklen Nacht
und nicht verfalle drängenden Gewalten,
den Schläfer weckend, welcher lang gewacht.

Nur dieses Eine: Wenn Du krank bist, sage
es mir, obwohl mirs einst an Kraft gebrach
und ich ein müdes banges Kind war... Trage
mir unsres langen Schweigens Bruch nicht nach.

Aus: Die Gedichte 1922 bis 1926 (Briefwechsel in Gedichten zwischen Rainer Maria Rilke und Erika Mitterer, zehnter Brief, September 1925)