Biografie | Seite 2 |
Rußlandreisen (1899-1900) Gemeinsam mit dem Ehepaar Salomé bereist Rilke im Frühling 1899 zum ersten Mal Rußland. In Moskau und St. Petersburg besichtigt er Museen und trifft Maler und Schriftsteller (u.a. Leo Tolstoi). Nach seiner Rückkehr verfaßt Rilke Gedichte für das "Buch der Bilder" und das "Stundenbuch", er schreibt das Prosawerk "Geschichten vom Lieben Gott" sowie seinen Erfolgsband "Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke". Im Mai 1900 fährt er wieder nach Rußland, diesmal mit Lou allein. Sie besuchen Moskau und St. Petersburg und reisen durch die Provinz. Rilkes Eindruck von Rußland ist der eines einfachen, ursprünglichen und unverdorbenen Landes, in dem Glaube und Brüderlichkeit die Menschen zusammenhält. Die soziale Not dieses Landes übersieht er, obwohl er die Sprache einigermaßen beherrscht und von einer Russin begleitet wird. Worpswede (1900-1904) Bald nach der Heimkehr besucht Rilke die Künstlerkolonie Worpswede bei Bremen. Er will dort gemeinsam mit dem Maler Heinrich Vogeler den Gedichtband "Mir zur Feier" fertigstellen. Bei den dortigen Künstlern findet er schnell Resonanz, und so zieht Rilke 1901 ganz in das Dorf. Er lernt die Bildhauerin Clara Westhoff kennen, eine ehemalige Schülerin von Rodin. Im April 1901 heiraten die beiden. Im selben Jahr kommt die Tochter Ruth zur Welt. Es stellt sich aber kein Familienleben ein. Man beschließt, sich in Freundschaft zu trennen, auf daß man voneinander ungestört seiner Arbeit nachgehen könne. Die Künstler, mit denen er in der Moor- und Heidelandschaft lebte, stellt Rilke in der Monographie "Worpswede" dar. Paris (1904-1914) Rodin, der auch der Lehrer von Clara Westhoff war, soll die prägende Person in Rilkes nächstem Lebensabschnitt werden. Mit dem Auftrag, eine Monographie über den Bildhauer zu schreiben, begibt sich dieser im August 1902 nach Paris. Rodin ist 35 Jahre älter als Rilke, ein etablierter und vielbeschäftiger Künstler. Aber er nimmt sich Zeit für den jungen deutschen Dichter, der noch Probleme mit dem Französischen hat. Rilke ist bald ein regelmäßiger Gast in Rodins Atelier. Der Bildhauer vermittelt ihm sein Kunstverständnis und vor allem seine Arbeitsmoral: "Il faut travailler, rien que travailler, et il faut avoir patience." Die Verschiedenheit der Temperamente belastet jedoch die Beziehung, und so kommt es 1906 zu einem Bruch. Man versöhnt sich im folgenden Jahr, und Rilke wird noch einmal Rodins Sekretär, aber 1907 folgt das endgültige Zerwürfnis. Zu Zeiten ihrer Freundschaft weist Rodin ihn in die Kunststadt Paris ein. Mit ihrem unerschöpfliches Reservoir an schönen Eindrücken in Museen, Parks und Boulevards versorgt diese den Dichter mit Motiven für seine "Dinggedichte", wie "Das Karussell" oder "Archaïscher Torso Apollos". Rilke veröffentlicht diese Eindrücke in den Bänden Neue Gedichte und "Der neuen Gedichte anderer Teil". Das Paris der Jahrhundertwende ist aber auch eine moderne, anonyme Metropole, an deren Rohheit Rilke zu zerbrechen droht, wie zuvor in der Militärakademie. Das Elend des mechanisierten Großstadtlebens ist ein Hauptmotiv des Romans "Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge". Weitere Reisen Während seiner Pariser Jahre reist Rilke viel. Ab 1903 hält er sich häufiger in Italien auf. In dem Badeort Viareggio schreibt er das "Stundenbuch", von September 1903 bis Juni 1904 fährt er mit Clara nach Rom, und in den Jahren 1906 bis 1908 besucht er wiederholt Capri. Schweden und Dänemark sind 1904 seine Ziele. 1905 berichtet er über die Samskola. Im Sommer 1906 besucht er in Flandern u.a. die Orte Furnes und Brügge. Nach einem weiteren Rombesuch fährt er an die Adria nach Duino. Dort empfängt ihn die Fürstin Marie von Thurn und Taxis auf ihrem Schloß . Zwischen dem Dichter und der Dame entsteht eine lebenslange Freundschaft, und das fürstliche Anwesen wird 1912 Enstehungsort der ersten zwei "Duineser Elegien". Im November 1910 macht Rilke sich zusammen mit Freunden nach Nordafrika auf. Man durchquert es von Algier über Tunis nach Kairo, um dann den Nil hoch zu fahren bis hinter Luxor und Assuan. Rilke beeindrucken der ägyptische Totenkult und die altägyptische Plastik, aber ihm scheint die Reise im Nachhinein doch als etwas "verfehltes". Erfreulicher ist die Fahrt nach Spanien im Jahre 1912: Auf den Spuren des Malers El Greco zieht es Rilke nach Toledo und in den Süden des Landes. Neben der Kunst fasziniert ihn das Nebeneinander von Katholizismus und Islam sowie natürlich die Spanische Landschaft. |